
In diesen Häusern wurde gebacken - für alle im Dorf. In manchen Regionen waren sie so groß, dass im Obergeschoss noch gewohnt wurde. In anderen Gegenden waren die Backhäuser eher klein und wurden bei schlechtem Wetter zu einem kuscheligen Treffpunkt. Bis in die 1960er Jahre waren sie vielerorts fester Bestandteil der Dorfgemeinschaft - als grundlegende Infrastruktur für die wöchentliche Brotversorgung, als sozialer Treffpunkt oder als Dach über'm Kopf für Menschen ohne Eigentum. In Hessen waren die Backhäuser meist Gemeingut, sie gehörten allen im Dorf. Sie sind eine historische Allmende, die im Kapitalismus bis ins 20. Jahrhundert hinein überlebte. Betrieben wurden die Backhäuser meist von Frauen. Sie heizten mit Reisig ein, bereiteten den Brotteig vor, formten die Laibe und backten sie schließlich. In manchen Orten erinnern sich manche eventuell noch an den letzten richtigen Backtag.
Gebacken wird vielerorts auch heute noch - aber nicht für den eigentlichen Brotbedarf, sondern zu feierlichen Anlässen als Erinnerung an die Tradition des gemeinschaftlichen Backens. Die Backhäuser gehören mittlerweile meist der Kommunalverwaltung oder einem lokalen Verein. In vielen Dörfern wurden sie in den letzten Jahren renoviert oder teilweise sogar neu gebaut. Als Allmende können sie vielleicht immer noch bezeichnet werden - auch wenn heute nicht das Brot, sondern die "Gemeinschaft" im Mittelpunkt steht.

Ehemaliges Backhaus in Mittelhessen
Lukas Dörrie forscht in der Wirtschaftsgeographie an der Universität Münster zu den Backhäusern. In seiner Forschung möchte er dieses historische Fragment einer ländlichen Gemeinschaftsökonomie noch besser kennenlernen und verstehen. Diese Fragestellung hat auch Relevanz für unsere Gegenwart und die Zukunft. Die gegenwärtige Polykrise macht ein wirtschaftliches Umdenken notwendig. Dabei rücken ländliche Regionen aus unterschiedlichen politischen Perspektiven in den Fokus: denn hier finden sich benötigte Ressourcen, zum Beispiel um Ernährungssicherheit in Europa zu garantieren. Aber auch diese Ressourcen sind knapp. Welche Antworten finden sich in den ländlichen Regionen?
Anhand der Backhäuser untersucht Lukas historische aber auch gegenwärtige Formen von Gemeinschaftsökonomie und fragt sich, welche Ländlichkeiten dort entstehen. Lukas geht dafür ins "Feld", also besucht die Backhäuser und forscht vor Ort. Er nimmt an Backtagen teil, führt Interviews und macht mit den Aktiven rund ums Backhaus einen Workshop.

Backhausfest in Nordhessen (Juni 2025)

Backhausfest Nordhessen
Lukas Dörrie
AG Wirtschaftsgeographie @Universität Münster
Betreut von Prof. Dr. Sarah Ruth Sippel
Mail: lukas.doerrie@uni-muenster.de
Website: https://www.uni-muenster.de/Geographie/mitarbeitende/doerrie.shtml